Karfreitag, die Ereignisse überschlagen sich. In binnen von 24 Stunden erlebt Jesus Christus, als Sohn Gottes und zugleich als Mensch, eine unvorstellbare Bandbreite an Gefühlen und Schicksalsschlägen:
Unter Beachtung der damaligen jüdischen Zeitrechnung klang der „Gründonnerstag“ mit dem vorverlegten Passahmahl bzw. der Stiftung des Abendmahls aus. Der Tag endete gemäß der Tora damals mit dem Sonnenuntergang bzw. wenn die ersten drei Sterne sichtbar waren.
Somit fallen seine Gebete und Bitten am Ölberg, seine Gefangennahme in Gethsemane durch den Verrat Judas, die Verleumdung durch Petrus (eh der Hahn krähte) in die Nacht bzw. frühen Morgenstunden des Karfreitags. Die weiteren Geschehnisse bis zur Kreuzigung komprimierten sich auf den Zeitabschnitt von Sonnenaufgang bis Mittag (der sechsten Stunde). Am Nachmittag, zur neunten Stunde, verschied er.
Ist es das, woran wir heute gedenken? Ist da vielleicht der Gedanke, Jesus hat versagt? Vermuten wir einen scheinbaren Rückzug Gottes von seinem Sohn, den Jesus als Mensch so empfand und dies mit den Worten ausdrückte: „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Drängt sich vielleicht der ein, oder anderen persönliche Karfreitag, mit ähnlichen Empfindungen in den Vordergrund? Oder erkennen wir, wie nahe Gott tatsächlich war?
Es war damals üblich, dass der „Verurteilte“ die Furca, den Querbalken des Kreuzes, selbst tragen musste. Im Evangelium des Johannes lesen wir, dass Jesus das Kreuz selbst trug. Matthäus, Markus und Lukas berichten von einem, der gerade des Wegs war, Simon vom Kyrene, den lies man das Kreuz tragen. Jesus musste als Mensch den Schmerz, die Schmach und den Tod erleiden, als Sohn Gottes das Opfer bringen, um den Weg zum Vater freizumachen. Aber es war jemand da, der das Kreuz mittrug. Die Sonne verfinsterte sich von der sechsten bis zur neunten Stunde, eine Dunkelheit trat ein. Außergewöhnliches Naturereignis just in time? Zufällig? Ebenso das Erdbeben? Der Vorhang im Tempel zerriss, die Gräber taten sich auf und viele der Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf. Zeichen der Gegenwart und Allmacht Gottes, als Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und Jesus Christus selbst? Ein Verlieren und Versager? Mit Nichten! Als Mensch ist er, unter unsäglichen Schmerzen und Qualen aus der Kreuzigung, dem leiblichen und irdischen Tod erlegen. Als Gottes Sohn hat er eine unbeschreibliche Größe an den Tag gelegt:
Lassen Sie uns Karfreitag einmal aus dieser Sicht auf uns wirken. Unendliche Dankbarkeit gegenüber dem Dreieinigen Gott mag uns dadurch erfüllen und die Vorfreude auf Ostern bereiten.
Bleiben Sie bewahrt.
Ihr Ottmar Schielke
Gemeindeleiter Neuapostolische Kirche Weißenburg